Sonntag, 22. Februar 2015

"Stille Nacht, heilige Nacht" und der ganze Trubel drumherum



Nunja... Jetzt ist es eben schon Februar und es gibt viel zu berichten, bzw so wie immer nachzuholen. Aber ich kann diesmal wirklich sagen, dass die letzten drei Monate vollgepackt mit Aktivitäten und Abenteuren und vor allem oft internetlos waren. Aber das findet ihr bestimmt selbst in diesem verspäteten Bericht heraus ;-)
Weihnachtszeit, besinnliche Zeit... Pf, VON WEGEN!!! Also wenn diese Zeit eins nicht war dann besinnlich, ruhig oder gar entspannend!
Diese Peruaner, oder besser gesagt unsere Gastfamilie, machen nämlich aus dieser hier besonders heißen Jahreszeit eine Art Spießrutenlauf der Geduld und Kraft.
Ab zwei Wochen vor dem Fest der Liebe wurden wir von unserer Arbeit in der Grundschule “beurlaubt”, weil angeblich eh kein richtiger Unterricht mehr stattfinden würde (die Weihnachtsfeiern, Gesangsproben und Basteleien haben wir als verpasst), um unserer Familie bzw der Brigada (ist ja eh irgendwo das Gleiche) bei der Vorbereitung auf die Chocolatadas zu helfen. Genauer genommen hieß das, Geschenke einpacken.
Aber wofür haben wir 500 Bälle, Puppen, Autos und Bettlaken von morgens bis abends eingepackt?
Diese Chocolatadas sind im grunde Weihnachtsfeieren, bei denen Kakao, also Chocolate, verteilt wird (und Geschenke). Da unserer Brigada eine gemeinnützige undäu0erst soziale Organisation ist, veranstalten sie diese Feste seit einigen Jahren schon an verschiedenen Orten: Es ging zuerst nach Pachacamac, in die Vorschule, in der auch Anki und Kaisa arbeiten.

Dann ging es an die Schule San Bartolome, eine Schule auch bei uns im Barrios Altos für “niöos especiales” (geistig und körperlich eingeschränkte Kinder), am Mittwoch folgte die Punta Negra; ein herrlicher Ort!
Hierzu mag ich ein bisschen näher erläutern, wieso gerade die Choclatada hieretwas ganz besonderes war. Die Punta Negra ist eine Strandbucht im Süden Limas, gut, sagen wir, dafür ist sie auf der einen Seite bekannt, auf der anderen Seite ist sie für ihre “Arche” bzw deren Pfarrer bekannt. In einem katholischen Land übernehmen hier oft Nonnen und eben traditionelle Pfarrer in schwarzer Kutte mit schwerem Silberkreuz die soziale Hilfe in den ärmsten Vierteln; dass ist also nicht das Besondere. Aber wenn dann der afroafrikanische Padre mit seinen Dreadlocks und Jeans von Kindern umschwärmt die kleine Kapelle La Merced, einen Fußball auf dem Kopf jonglierend, verlässt, naja, dann braucht man sich nicht länger über die Bekanntheit dieser in Schiffsform gebauten Anlaufstelle wundern.
Eiegtlich würde hier ein kleiner Exkurs zum Thema Rassismus in Peru, bzw das, was ich bisher mitbekommen habe, passen. 
Nach der Eroberung der Inkas durch die Spanier, herrschte ein großer Zwietracht zwischen den Conquisatores und den Indigenas. Die Einheimischen mussten für die Eroberer die harte Landarbeit verrichtenund lebten in großer Armut. Sklaven waren sie allerdings nicht. Dafür wurden tausende von Afrikanern auf den Südamerikanischen Kontinet gebracht, die sogennanten Criollos. Zunächste in den Mienen zur Goldgewinnung eingesetzt, wurde schnell klar, dass die Eingeschleppten von ihrer physischen Strukur nicht für das Leben in tausenden Metern Höhe, bei eisiger Kälter und Untertage “geeignet” waren. Viele verstarben schon bei den furchtbaren Aufstiegen in die höheren Regionen. Der Plan über die “Nutzung” der kostenlosen Arebieer der Spanier wurde also modifiziert: fortan arbeiteten sie auf den Kokaplantagen in den wärmeren Regionen und als Hausdiener.
Bis heute haben sich viele Vorurteile in den Köpfen einiger Peruaner festgesetzt: besonders indigen aussehende Menschen sind Bauern, alle dunkelhäutigen sind arm und kriminell, die “südländisch” oder spanisch aussehende Bevölkerung ist intelligent und lebt in den Städten und die Gringos, also die Weißen, die haben einfach nur unendlich viel Geld. Asiaten werden übrigens keine besonderen Eigenschaften zugeordnet. 
Diese Stereotypen treffen natürlich in keinster Weise zu und vor allem möchte ich den Peruanern nicht unterstellen, dass alle ausnahmslos so denken, sondern das ist eher die Minderheit bzw die allgemeine Meinung, die Individuen widersprehen fast immer!

Zurück zu der stressigsten Zeit des Jahres :)
Am darauffolgenden Tag hätten wir für Yachay arbeiten sollen und haben unsere Familie nicht zu ihrem Besuch in ein Altersheim begleitet. Dafür gab es am Freitag kein Entweichen mehr: Alle Kinder unseres Blocks waren eingeladen, sich in unserem Innehof zu versammeln. Es wurde Bingo gespielt, Kakao und Geschenke verteilt und allgemein war es ein Riesendurcheinander an schreienden Kindern, sich schlagenden Müttern und verschütteter Milch.
Vielleicht klingen meine Schilderungen ziemlich negativ wenn man bedenkt, dass die ganze Aktion ja eigentlich eine klasse Sache ist. Nur... Okay, also einmal fand ich es echt schade, dass zwar das projekt von Anki und Kaisa beschenkt wurde, unsere Grundschule aber nicht. Klar haben ein paar Kinder davon profitiert, die bei uns mit im Block wohnen (von den 300 indern muss ja auch jemand bei uns Unterricht haben), aber der Rest hat uns eher vorwurfsvoll bei zufälligen Begegnungen angeschaut. Allgemein hat man doch bei vielen Kindern Kommentare wie “Die haben nur Bälle und Puppen, sonst nichts dabei” und aus meiner Erfahrung haben auch die ärmsten Kinder in Lima ausreichend Spielzeug zu Hause, aber es mangelt eher an Schulutensilien oder Hygieneartikeln. Aber um fair zu bleiben: es war Weihnachten :-)
Das zweite Manko, was mir aufgefallen ist, war die betonte Imagepflege. Hauptsache Pepe und Jorge standen als “Organisatoren”im Mittelpunkt des Dankes bei der Übergabe und es wurden auch bloß viele Fotos vor dem Plakat der Brigada geschossen, dabei haben die beiden weder Geschenke verpackt, noch bezahlt, die kamen nämlich von Spenden der anderen Brigadamitarbeiter. Aber klar, sowas muss natürlich auch irgendwie promoriert werden und das da bei mir vielleicht auch ein bisschen Groll mitspielt, weil wir ständig angepflaumt wurden und die Vorweihnachtszeit nicht wirklich genießen konnten, das muss ich auch zugeben.

Weihnachten selbst war dann ein Erlebnis für mich persönlich, worüber ich nicht unbedingt weitschweifend reden mag. Was die Traditionen (in unserem Haus) angeht: das Haus ist mit zig tausend Kitschartikeln geschmückt (eine lebensgroße, posaunespielende Weihnachtsmannpuppe, 20 singende und blinkende Lichterketten, ein weihnachtlicher Klodeckel etc), alle sind gestresst und genervt, weil die chinesischen Vasen noch nicht genug geschmückt sind, um Mitternacht geht man auf die Straße und lässt Feuerwerk steigen, danach ist unter einem Plastikbaum Bescherung, es wird Truthahn mit Traubensalat gegessen undalle fallen erschöpft morgens um 2 ins Bett.
Silvester, welches wir mit ganz vielen anderen Freiwilligen am Strand in Huanchaco verbracht haben, wird übrigens genauso gefeiert, nur anstatt Truthahn gibt es Schweinebraten.

So... Das war also mein erstes peruanisches Weihnachtsfest und alles in allem wirklich eine interessante Erfahrung, die bei mir leidervon ein paar persönlichen Krisen überschattet wurde. Ich muss zugeben, dass Weihnachten bei 25 Gradund Sonnenschein, mit Mangosalat statt Plätzchen und Silvesterstimmung irgendwie doch auch ein perfekter Trigger für Heimweh sein kann. Ich mag Weihnachten mit dem Duft nach Zimt, Kerzen und ruhigen Familienabenden; eine feststellung, die mir vorher noch nicht so bewusst war.

Ich möchte mich hier am Ende dafür entschuldigen, dass sich dieser Eintrag so holprig lesen lässt; ich habe ihn in einem Worddokument während einer Internetfreienzeit verfasst und dachte, dass mit dem "Kopieren und Einfügen" ginge so einfach... da habe ich mich wohl geirrt. Ich hoffe, ihr versteht diesen mal nicht ganz so fröhlichen Bericht dennoch und findet nun einige schöne Bilder (:
Liebe Grüße,
Tanja

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